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FRÜHGEBURT – WENN MAN PLÖTZLICH NICHT MEHR SCHWANGER IST

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Jeden Tag betrachten Micha und ich voller Liebe unsere Kinder. Drei völlig unterschiedliche tolle Kinder, die unser ganzer Stolz sind. Sie entwickeln sich so schnell, ihr Wachstum ist nicht aufzuhalten. Doch gefühlt sind alle drei erst gestern auf die Welt gekommen. Und genau bei diesem Gedanken kann es vorkommen, dass er kommt – der Stich der schmerzhaften Erinnerungen.

Erinnerungen an komplizierte Schwangerschaften, Krankenhauskoller, Lilli als Frühchen im Inkubator; Erinnerungen an pausenlose Wehen, panische Ängste um das Ungeborene und später Neugeborene; Erinnerungen an partnerschaftliche Konflikte und die anfängliche schwierige Zeit nach Lillis Geburt. Es stimmt, die Zeit heilt alle Wunden und das menschliche Hirn ist glücklicherweise dazu in der Lage, überschüssigen Ballast vorübergehend zu verdrängen. Aber gänzlich vergessen können und werden Micha und ich all das wohl trotzdem nie.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es hilfreich ist, seine Erlebnisse und seinen Schmerz niederzuschreiben. Ganz besonders weiß ich, wie dankbar ich damals gewesen wäre, wenn ich gewisse Dinge vorher gewusst hätte oder mich mit anderen Betroffenen hätte austauschen können. Aus diesem Grund möchte ich mich in diesem Artikel dem Thema „Frühgeburt“ widmen. Persönliche Erfahrungen werde ich lediglich am Rande einbringen, da ich in zwei Blogposts und einem Vlog bereits sehr ausführlich über unsere eigenen traumatischen Erfahrungen diesbezüglich berichtet habe. Wer möchte, darf sehr gern den folgenden Links folgen, um unsere Geschichte im Detail zu lesen oder anzuschauen:

–> Zum Blogpost: „Eine wehenvolle Schwangerschaft“

–> Zum Blogpost: „3 Tage Wehen: Lillis natürliche Geburt“

–> Zum Video: „Vom Kinderwunsch bis zur Geburt: Vorzeitige Wehen, 3 Monate Krankenhaus, Frühgeburt“

Ansonsten wünsche ich euch an dieser Stelle viel Spaß beim Lesen meines Artikels „Frühgeburt – Wenn man plötzlich nicht mehr schwanger ist“.

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Wann spricht man von einer Frühgeburt?

Eine normale Schwangerschaft dauert 38 bis 41 Wochen. Von einer Frühgeburt spricht man, wenn ein Baby zwischen der 24. und 37. Schwangerschaftswoche (kurz: SSW) geboren wird. Statistiken zu Folge sind etwa 5-10 % aller Geburten Frühgeburten. Beim Wort „Frühgeburt“ schwingt sofort Angst mit, denn jedes Elternpaar geht natürlich von einer unkomplizierten, normal dauernden Schwangerschaft aus. Eine Frühgeburt muss auch, rein physisch gesehen, nicht immer gleich etwas Schlimmes bedeuten. Psychisch ist dies meines Erachtens jedoch eine andere Sache, denn kein Elternteil ist glücklich darüber, wenn das Kind weit vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt kommt. Besonders die Frauen, deren Frühchen per Kaiserschnitt entbunden werden, kommen mit dem plötzlichen Verlust und der Tatsache, dass ihnen ihr Baby viel zu früh aus dem Bauch gerissen wurde, oft nicht zurecht.

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Bei einer Frühgeburt entscheiden mehrere Faktoren darüber, ob es ein schwieriges, riskantes oder relativ gut händelbares Unterfangen wird. Neben der erreichten SSW spielen das Gewicht und die Entwicklung des Ungeborenen eine große Rolle. Die Überlebenschance ab der 28. SSW liegt bei 90 %, ab der 32. SSW sogar bei fast 100%.

Daher gilt die goldene Regel: Jeder Tag, den das Baby im Mutterleib verbleibt, zählt!

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Dank der modernen und hochentwickelten Medizin schaffen es heutzutage aber auch die meisten viel früher geborenen Babys. Und dies mitunter, natürlich abgängig von der SSW, sogar ohne (größere) Spätfolgen.

An dieser Stelle möchte ich euch gern von einem Fall berichten, der anfangs fast aussichtslos schien, sich aber letztlich zu einem Happy-End entwickelte. Von diesem erzählte meine Schwester, die selbst in der 32. SSW eine Frühgeburt erlitt. Da ihr Sohn einige Wochen auf der Intensivstation lag, entwickelten sich mit der Zeit Gespräche mit anderen Eltern, deren Frühchen sich dort unter strenger medizinischer Überwachung befanden.

Eines der Babys lag dort bereits mehrere Monate und kam, man mag es kaum glauben, in der 23. SSW zur Welt. Sie war eines von drei ungeborenen Drillingen und traurigerweise auch die Einzige, die den vorzeitigen Blasensprung überstand. Die Ärzte und die Eltern kämpften und kämpften und immer wieder schien es so, als würde die Kleine es nicht schaffen. Aber sie war stark, unglaublich stark! Als sie etwa 6 Monate alt war, durften ihre Eltern sie endlich mit nach Hause nehmen, zunächst noch an einen Monitor angeschlossen, der die Atmung und die Herztöne überwachen sollte. Doch die kleine Maus blieb eine tapfere Kämpferin, sodass der Monitor bald wegbleiben durfte.

Meine Schwester hielt den Kontakt zu den Eltern und so kam es, dass man sich erstmalig nach dem ersten Geburtstag der Kleinen wiedersah. Zwar war sie ein zierliches Mädchen, aber sie krabbelte wie eine Verrückte herum, war aufgeweckt, fröhlich und hatte vor allem einen sehr gesunden Appetit. Die Kinderarztbesuche blieben eine lästige, regelmäßige Routine, aber es ließen sich keine größeren Folgeschäden erkennen. Sie hatte es geschafft! Geboren in einer Grauzone, aber sie hatte es geschafft! Was für eine wunderbare Geschichte, die Mut macht, oder?

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Wohin, wenn das Baby zu früh kommt?

Da Frühgeborene meist eine intensiv-medizinische Betreuung benötigen, eignet sich nicht jede Geburtsklinik dafür. Es gibt zwar Kliniken, die ab der 35. SSW Patientinnen aufnehmen, doch in der Regel ist man bei einer Frühgeburt eher dort an der richtigen Adresse, wo ein Perinatalzentrum bzw. eine Neo-Intensivstation vorhanden ist. Da gewährleistet sein muss, dass dem Neugeborenen die beste Versorgung zur Seite steht, wird, sofern genug Zeit vorhanden ist, der Gynäkologe oder Rettungswagen eine geeignete Klinik auswählen. Reicht die Zeit nicht mehr aus und befindet sich keine geeignete Klinik in der Nähe, so kann es schlimmstenfalls sein, dass das Frühgeborene per Hubschrauber in die nächstgelegene, spezialisierte Klinik befördert wird, um dort versorgt zu werden. Für die Eltern, speziell die Mütter, die zunächst das ursprüngliche Entbindungskrankenhaus nicht verlassen können, ist dies ein ganz furchtbarer, für mich unvorstellbarer Albtraum.

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Warum kommt es zu einer Frühgeburt?

Viele Frühgeburten passieren im Zuge von Mehrlingsschwangerschaften. Kaum eine werdende Mutter schafft es in diesen Fällen bis zum geplanten Entbindungstermin.

Zu den gängigsten Auslösern gehören außerdem Frühwehen (besonders solche, die sich auf den Gebärmutterhals und ggf. Muttermund auswirken) sowie ein vorzeitiger Blasensprung. Auch kann knappes oder von Bakterien befallenes Fruchtwasser sowie eine durch Nährstoffmangel begründete Unterentwicklung des Ungeborenen dazu führen, dass die Schwangerschaft vorzeitig abgebrochen werden muss. Nicht zu vergessen ist das sehr gefährliche HELLP-Syndrom oder aber eine „simple“ Scheidenpilzinfektion.

Weitere nicht zu unterschätzende Auslöser können sein: Stress oder Traumata, psychische Erkrankungen, Alkohol- oder Drogenmissbrauch und Rauchen.

Bei mir sind die Auslöser für Lillis Frühgeburt nie 100%-ig geklärt worden. Da auch meine beiden Schwestern komplizierte Schwangerschaften hatten, liegt die medizinische Vermutung nahe, dass es sich bei uns um eine genetisch bedingte Bindegewebsschwäche handelt. Zudem spielte meine psychische Verfassung seinerzeit sicher eine entscheidende Rolle. Fakt ist, dass ich wochenlang schmerzhaften Frühwehen ausgesetzt und deswegen Dauergast im Krankenhaus war.

Oftmals ist es tatsächlich so, dass man den genauen Anlass für eine Frühgeburt nicht richtig kennt. Aus irgendeinem Grund bricht der Körper die Schwangerschaft plötzlich ab und leitet die Geburt ein. Dies ist für die Eltern oft besonders schlimm, weil sie sich so sehr eine Antwort auf die Frage „Warum passiert uns so etwas? Wir haben doch auf alles geachtet.“ wünschen. Den Grund dafür zu kennen, macht das Ganze zwar nicht besser, aber er ist hilfreich, wenn man in seiner Verzweiflung und Trauer nach Antworten sucht.

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Kann man einer Frühgeburt vorbeugen?

Diese Frage lässt sich leider nicht pauschal beantworten, weil die Auslöser viel zu individuell sind. Bei Frühwehen wird man angehalten, möglichst viel oder gar strikt zu liegen. Dies kann, sofern die Wehen nichts anrichten, zu Hause geschehen oder es wird ein (vorübergehender) Krankenhausaufenthalt mit einem intravenösen, wehenhemmenden Mittel erforderlich. Eine mögliche zusätzliche Hilfe ist die erhöhte Einnahme von Magnesium und Progesterontabletten.

Ist der Gebärmutterhals bereits verstrichen, gibt es die Möglichkeit, den Muttermund mit einem Band zu verschließen (Cerclage). Dies wird im Bedarfsfall vom behandelnden Arzt im Krankenhaus entschieden.

Einer Pilzinfektion kann man zwar nicht per se vorbeugen, man kann aber, wenn man sie rechtzeitig erkennt, vermeiden, dass sie in die Gebärmutter wandert und schlimmstenfalls eine Geburt auslöst. Als vorsorgliche Hilfsmittel gibt es in den Apotheken zuverlässige, frei verkäufliche Tester, mit denen man etwa zweimal die Woche den vaginalen pH-Wert testen sollte. Bemerkt man eine negative Veränderung, kann man, nach Rücksprache mit dem Gynäkologen, sofort Gegenmaßnahmen ergreifen, um eine größere Infektion mit möglichen Konsequenzen zu vermeiden.

Generell sollte man natürlich auf Giftstoffe wie Alkohol verzichten. Aber auch Stress sollte nach Möglichkeit klein gehalten oder gänzlich vermieden werden.

Wichtig ist, dass man sich, wenn sich im Unterleib etwas „komisch“ oder „unnormal“ anfühlt, nicht einredet, dass das doch alles gar nicht so schlimm ist. Manchmal ist es eben doch mehr als nur ein harmloses Ziehen, und in diesem Fall die taffe Mama zu spielen, kann böse enden.

Prinzipiell gilt: Lieber einmal zu viel den Frauenarzt aufsuchen und anschließend hoffentlich beruhigt wieder gehen!

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Wie werden Frühchen entbunden und was passiert direkt im Anschluss?

Die Frage, ob natürlich oder per Kaiserschnitt entbunden werden muss, hängt von der Verfassung der Mutter, insbesondere aber der des Ungeborenen ab. Ist das Baby zu leicht, zu schwach, eventuell unterentwickelt oder ist eine bestimmte Schwangerschaftswoche noch nicht erreicht, so wird der Arzt das Ungeborene per Kaiserschnitt auf die Welt holen. Dies hat den einfachen Hintergrund, dass das Kleine noch nicht stark genug ist, sich dem strapaziösen Geburtsvorgang auszusetzen. Der Kaiserschnitt ist daher die für das Baby sanfteste und schnellste Variante und daher bei Frühchen oft das Mittel der Wahl.

In schlimmen, lebensbedrohlichen Fällen (z.B. beim HELLP-Syndrom) läuft es nahezu immer auf einen Notkaiserschnitt hinaus, da hier meist jede Sekunde zählt.

Ab einer gewissen SSW, einem entsprechenden Gewicht und einer guten Entwicklung des Ungeborenen ist es der Mutter hingegen erlaubt, das Baby auf natürlichem Wege zu gebären. Der Geburtsverlauf wird dabei extrem engmaschig von Spezialisten überwacht und wird im Fall der Fälle sofort auf einen Kaiserschnitt geändert.

Mir wurde das Glück einer natürlichen Geburt zuteil, denn Lilli war in der 36. SSW stark genug, sodass ich sie „normal“ zur Welt bringen durfte. Wenigstens ein Gutes nach unserer anstrengenden und langen Vorgeschichte.

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Generell ist bei allen Frühgeburten ein spezielles Team dabei. Neben (Ober-)Arzt, Hebammen und eventuellem OP-Personal stehen immer ein Kinderarzt samt Kinderkrankenschwester parat, die das Neugeborene sofort in Empfang nehmen. Geht es dem Baby soweit gut, erfolgt oft eine erste Untersuchung direkt vor Ort, sodass man sein Kleines zumindest kurz aus der Ferne sehen kann. Kommt es als Extrem-Frühchen zur Welt oder zeigt unmittelbar nach der Geburt Anzeichen von Komplikationen, laufen Kinderarzt und -krankenschwester im Eiltempo mit dem Baby in Richtung Neo-Intensivstation, die in der Regel direkt an den Kreißsaal angrenzt.

Dahingehend hatten wir, im Gegensatz zur natürlichen Geburt, leider nicht so viel Glück. Man nahm uns Lilli sofort weg und brachte sie präventiv auf die Intensivstation. Plötzlich war ich nicht mehr schwanger, mein Bauch war leer, ich war körperlich und nervlich am Ende und mein Baby lag gefühlte 100 Meilen von mir entfernt. Als man mich Stunden später im Bett zu ihr schob, verstand ich gar nichts mehr. Alles war so unnatürlich, fremd und gehörte so einfach nicht. Und dann dieses Piepen der ganzen Geräte dort. Gefühlt war ich einer Ohnmacht nahe, erst recht, als ich die kleine Lilli im Inkubator sah. Zwar brauchte sie nur Wärme und Zucker, aber sie lag da in diesem Ding, überall Kabel und Schläuche und ein Monitor, der sie überwachte. Ansonsten fehlte ihr aber zum Glück nichts.

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Inkubatoren sind kleine, durchsichtige Kästen mit Löchern auf beiden Seiten, durch die man hindurchfassen und das Neugeborene berühren, pflegen und versorgen kann. Sie sind mit speziellen Filtern ausgestattet, die für die richtige Luftfeuchtigkeit und Sauerstoffzufuhr sorgen. Die Innentemperatur wird konstant bei 37 Grad gehalten, was dem Klima der Gebärmutter entspricht. Inkubatoren können mit Beatmungsgeräten, Sonden, Schläuchen, Blaulicht (bei Gelbsucht) und einem Überwachungsmonitor (Herz- und Atemfrequenz sowie Sauerstoffgehalt im Blut) gekoppelt werden. Mit Ausnahme der für das Neugeborene vollkommen ungewohnten Schwerkraft (diese kennt es aus dem Mutterleib nicht) bietet ein solcher Kasten also medizinisch sehr viel dessen, was für die Grundversorgung notwendig ist. Zudem befindet sich immer ein Kinderarzt in unmittelbarer Nähe und es sind stets mehrere Kinderkrankenschwestern vor Ort. Somit ist eine permanente medizinische Gesamtversorgung  gewährleistet.

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Die Zeit nach der Geburt

Wie lange ein Frühchen im Krankenhaus bleiben muss, lässt sich leider nicht pauschal beantworten. Jedes Baby entwickelt sich individuell, macht schnelle oder langsame Fortschritte, eventuell kommt es sogar zu Rückschritten oder gar Rückschlägen.

Die Zeit auf der Intensivstation ist alles andere als leicht. Gerade Extremfrühchen dürfen anfangs nicht einmal durch den Inkubator angefasst werden. Auf der Station herrscht ein hoher Hygienestandard, sodass ständiges Kitteltragen, Händewaschen und -desinfizieren auf der Tagesordnung stehen. Erkrankt ein Elternteil an einem noch so kleinen Husten, so darf es die Intensivstation erst wieder aufsuchen, wenn der Husten abgeklungen ist. Denn: Jeder noch so kleine Erreger kann für die schwachen Frühchen lebensgefährlich werden.

Wenn das Baby stabil genug ist, erlauben die Schwestern das sogenannte „Känguruhen“. Dabei wird das Kleine der Mutter oder dem Vater auf die Brust gelegt und darf dort, an den Überwachungsmonitor angeschlossen, eine Weile kuscheln. Was in früheren Generationen undenkbar gewesen wäre, ist heute aus medizinisch-therapeutischer Sicht unglaublich wichtig. Denn durch das Kuscheln fühlt das Baby den bekannten Herzschlag und die bekannte Atmung der Mutter, hört die vertrauten Stimmen beider Elternteile, spürt die körperliche Nähe und Wärme und vor allem die Liebe seiner Eltern. Hinzukommt, dass das Heben und Senken des elterlichen Brustkorbes das Neugeborene stets daran erinnert, das eigene Atmen nicht zu vergessen.

Ein sehr stabiles Baby darf durchaus auch schon an die Brust angelegt werden und trinken, wenn es ausreichend Kraft dafür hat. Generell legt das medizinische Personal sehr viel Wert auf jeden einzelnen Tropfen Muttermilch, den das Frühchen bekommt. Da das Stillen anfangs schwer oder gar nicht möglich ist, wird man angehalten, möglichst viel Muttermilch mit einer elektrischen Pumpe abzupumpen. Bei keinem Neugeborenen ist die Muttermilch, speziell das anfängliche Kollostrum, so entschieden wichtig wie bei einem Frühchen. Jeder Tropfen zählt, wirklich jeder.

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An dieser Stelle ein wichtiger Hinweis: Viele Eltern wissen gar nicht, dass einige Krankenkassen für den Muttermilchtransport von zu Hause in die Klinik eine Kilometerpauschale zahlen, zumindest bis zu einem gewissen Höchstbetrag. Es schadet also keineswegs, die jeweilige Krankenkasse diesbezüglich zu kontaktieren.

Ist das Baby zu einem bestimmten Zeitpunkt stark und stabil genug, erfolgt in der Regel eine Umbettung in eine Neugeborenenstation. Hier erfolgt eine weitere Überwachung, bis das Baby wirklich gesund und reif genug ist, um aus dem Krankenhaus entlassen zu werden. Der Ablauf dort ist wesentlich entspannter, da die kritische Phase meist vorher überstanden wurde. So darf man hier sehr viel eigenständiger mit seinem Baby agieren, es füttern oder stillen, baden oder wickeln und mit ihm kuscheln, wann immer man es möchte.

Eine Regel, die uns seinerzeit der behandelnde Oberarzt mitteilte, war, dass Lilli die Klinik nicht vor Vollendung der 36. SSW verlassen dürfe. Und dies auch nur, wenn ein Mindestgewicht von 2500g erreicht sei, sie eigenständig trinken und ohne Aussetzer atmen könne und wenn ihre Gesundheit nicht (mehr) gefährdet sei.

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Die Zeit nach dem Krankenhaus

Nach einer solchen Vorgeschichte als Familie nach Hause zu kommen, ist nicht leicht. Es fühlt sich befremdlich, wenn nicht sogar falsch an. Zudem ist es meist so, dass man mit einem Frühchen nicht sofort das Leben eines Normalgeborenen führen kann. Es stehen Arzt- und Therapeutenbesuche an, das Kleine benötigt vielleicht noch einen Monitor, darf eine Weile noch keinen Keimen ausgesetzt werden. Erschwerend kommt der psychische und physische Zustand der Eltern hinzu, der in der Regel nicht dem entspricht, was man als „gut“ bezeichnen würde.

Man hat uns damals aus der Klinik entlassen, einfach so. Keine großen Nachfragen, ob wir zurecht kämen, wie es uns ginge, ob wir Tipps bräuchten oder vielleicht psychologische Unterstützung. Ein fataler Fehler, der mich in eine schwere postnatale Depression stürzte und der unserer Ehe zu jener Zeit unglaublich viel Kraft abverlangte.

Daher möchte ich euch an dieser Stelle inständig ans Herz legen: Holt euch Hilfe!!

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Nach einer Frühgeburt steht euch eine ganze Menge zu und einige dieser Angebote sind nicht nur hilfreich, sondern vielleicht sogar existenziell wichtig. Drängt bereits in der Klinik auf Informationsmaterial, Adressen, Telefonnummern, Kontakte! Fragt später euren behandelnden Kinderarzt und eure Hebamme nach weiteren Tipps! Holt euch, wenn möglich, Unterstützung von außen, und sei es, dass ein Familienmitglied für euch das Mittagessen kocht! Mutter und/oder Vater sollten einen Psychologen kontaktieren, um eine mögliche postnatale Depression oder andere Traumata rechtzeitig abzuwenden oder zu behandeln. Zudem gibt es die Möglichkeit einer familienorientierten Nachsorge oder Familienhilfe, über welche man den Umgang mit dem Erlebten und dem Baby lernen kann. Es besteht ein Anspruch auf Physiotherapie und Frühförderung, eventuell sogar auf eine ambulante Pflegehilfe.

Natürlich sind all diese Ansätze für niemanden ein Muss. Und leider weiß ich aus eigener Erfahrung, dass man, wenn man endlich zu Hause ist, einfach nur seine Ruhe haben möchte; dass man es auskosten und genießen möchte, dass keine Menschen mehr um einen herumschwirren, keine Geräte mehr piepen und keiner einem vorschreibt, wie man mit dem eigenen Baby umzugehen hat. Diese Gedankengänge sind durchaus normal und verständlich, sorgen allerdings für eine gewisse Verblendung und können einen dadurch in eine Krise stürzen.

Deshalb mein persönlicher Rat: Ihr braucht keine Einzelkämpfer sein! Um Hilfe zu bitten ist außerhalb des Krankenhauses etwas ganz anderes, das euch langfristig eher vorwärts bringen kann. Mit der Bitte um Unterstützung oder damit, euer Recht einzufordern, zeigt ihr keinesfalls Schwäche. Das zeugt eher von Größe und Stärke, weil damit euer Blick über den Tellerrand hinausgeht.

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Diese Informationen und Tipps hätten Micha und ich uns nach Lillis Geburt sehnlichst gewünscht. Erfahrungen wie diese hätten uns so sehr helfen können! Und viele Dinge wären ganz bestimmt anders, ja, positiver gelaufen. Insofern hoffe ich, dass zumindest ihr einen Nutzen aus diesem Blogpost ziehen könnt.

Gerade bei diesem Thema bin ich sehr auf eure Erzählungen und Kommentare gespannt! Hat von euch jemand eine Frühgeburt erleiden müssen? Geht es dem Baby/Kind (heute) gut? Wie seid ihr psychisch damit zurecht gekommen? Und habt ihr eventuell noch weitere nützliche Tipps für alle anderen Leser? 

Alles Liebe,

eure Mari

 

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